painting photography lyrics
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(M)ein Tag im Mai...

© Sabine Julitz

Da stand sie nun. Alleingelassen, in einem mit dunkelbunten Bildern gefüllten Raume. Die Bilder wirkten lebendiger denn je, und verfolgten jeden ihrer Schritte, als sie ruhelos hin und her ging. Durch die bodentiefen Fenster fiel ein mattes Licht herein, welches ihre zarte Silhouette auf dem Boden wiederspiegelte.

 

Was hatte sie für diesen Tag an Vorbereitungen und Zeit investiert. Sie war mit vollem Herzen bei der Sache, und hatte sich auf einen schönen Abend unter Freunden und Gästen gefreut. Am Vortage sogar noch bis weit nach Mitternacht in der Küche gestanden, um auch für das leibliche Wohl ihrer Gäste zu sorgen. Aber es schien so, als finde niemand Zeit oder den Weg, zu ihren liebevoll gestalteten Ausstellungsräumen.

 

Durch das angeklappte Oberlicht drang Stimmengemurmel und Gelächter ins Innere der Räumlichkeit. Sie eilte zur Eingangstür, und schob schnell den Türriegel beiseite. Als sie öffnete war der Eingangsbereich jedoch leer. Nur der Abendwind fegte ein paar trockene Blätter über den steinigen Boden des Hinterhofes, in welchem sich ihre Galerieräume befanden. Die zuvor vernommenen Stimmen kamen wohl aus dem im Vorderhaus gelegenen Café, welches augenscheinlich an diesem sommerlichen Samstagabend gut besucht war.

 

Sie schloss die Tür, und begab sich in den hinteren Teil ihrer Galerie. Dort stand ein Klavier, welches seit Ewigkeiten schon nicht mehr bespielt wurde. Die Tasten waren mit einer Staubschicht überzogen, und die Saiten mehr als verstimmt. Dennoch setzte sie sich ans Klavier, und ließ ihre Finger über die Tasten gleiten. Die Melodie welche daraus entstand klang anfänglich etwas unbeholfen, jedoch reihten sich die Töne nach einer Weile harmonisch aneinander, so dass ein melancholisch düsterer Klangteppich entstand.

 

Während sie sich gedankenverloren ihrem Klavierspiel hingab, bemerkte sie nicht, dass sich ihre Augen langsam mit Tränen füllten. Es kamen Erinnerungen hoch, welche ihr nun leise über die Wangen liefen.

 

Eine Träne fiel auf das Klavier und kullerte, nein hüpfte schon fast, über mehrere Tasten. Plötzlich entstanden daraus ein Notenkopf, mit Notenhals, an welchem sich seitlich zwei Fähnchen bildeten. Mit diesen Fähnchen erhob sich die Note in die Luft, und flog durch den Raum. Nun wurde auch aus den restlichen Tränen jeweils eine Note, und diese schlossen sich, der bereits fliegenden, an.

 

Der Raum erstrahlte in einem gleißenden Licht, und die sich unterhalb der Decke befindlichen Staubwehen bildeten Linien, auf welchen sich die fliegenden Noten niedersetzten. Überall glitzerte und funkelte es, und umrahmt mit den Klängen des Klaviers, wurde den im Raum befindlichen Bildern leuchtende Annerkennung geschenkt, welche diese fast schon nicht mehr zu hoffen gewagt haben. Würdevoll erstrahlten diese nun an den weißen Wänden, und blickten dankbar auf das Mädchen am Klavier, welches ihnen vor geraumer Zeit, mittels liebevoll geführtem Pinselstrich, Leben einhauchte. Seinerzeit war der Tag noch jung und die Leinwand blass. Mit sanften Strichen benetzte der in dunkle Farbe getränkte Pinsel den Malgrund, und niemand störte damals die vertraute Stille, während sie gedankenverloren ihr Motiv auf die Leinwand trug. Was sonst vlt. im Verborgenen geblieben wäre, konnte in diesem Moment auf die Leinwand fließen, und machte das eine oder andere Werk für sie unentbehrlich.

 

Sie blickte während des Klavierspielens kurz auf, und bemerkte das Strahlen ihrer Werke. Sie erfreute sich des Anblicks, und bereute keine Sekunde der Zeit, welche sie bisher für ihre Malerei investiert hatte. Auch wenn sich am heutigen Tage niemand Zeit für sie und ihre Werke genommen hat, so macht es sie dennoch glücklich, die Bilder mal wieder ihrer Schutzhüllen entledigt, und in einem gepflegtem Ambiente, platziert zu haben.

 

Morgen ist ein neuer Tag, mit neuen Möglichkeiten...

 

Es ist wie es ist, sagt die Liebe!

 

© Sabine Julitz 2017

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